Mit dem Fahrrad vom Schwarzwald zum Gelben Meer
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Posts from — June 2008

Tag 87 (Tuerkei): Diyarbakir - Kozluk

Tagesstrecke: 135km
Gesamtstrecke: 5738km
Fahrzeit: 8h

Ich wachte frueh auf, um der Hitze des Tages zu entgehen und war daher schon vor 7 Uhr auf dem Rad. Es klappte nur bedingt. Als ich das Tigris-Tal durchfuhr, war es schon wieder sehr heiss geworden.

Es sollte auch flach sein, aber dem war nicht so. Ueber den Tag verteilt waren es 1823 Hoehenmeter, was ziemlich viel ist. Aber es machte Spass und das ist wohl das Wichtigste. Die ersten 80km waren schon vor 13 Uhr erledigt und im Anschluss machte ich eine laengere Pause in Silvan. Bis dahin ging es nur rauf und runter …

Nach Silvan war es nicht mehr ganz so heiss - nur noch ueber 30C und keine 38C im Schatten wie kurz vorher. Aber die Landschaft war beeindruckend schoen und auch wenn ich nicht so lange fahren wollte, kam es anders. Ich schaffte es bis nach Kozluk. Ich werde manchmal gefragt, warum ich abends laenger als 18 Uhr fahre. Fuer mich sind die Abendstunden einfach die schoensten, die Farbenspiele und die geringere Temperatur machen das Fahren angenehmer und zumeist gibt es auch noch weniger Verkehr.

Kozluk ist eine merkwuerdige Stadt, jedenfalls der Teil, der an der Landstrasse liegt. Ich dachte zum ersten Mal, dass ich nicht wirklich willkommen war. Da es schon fast dunkel war, suchte ich ein Hotel. Es gebe keines. Dann wieder ja, es sei eines da, aber man wisse nicht, wo. Ich fand dann heraus, dass es ein Lehrerhotel ist. Aber es waren auch 200 Hoehenmeter. Irgendwann gesellte sich ein Mopedfahrer zu mir und fuehrte mich hin und auch durch den Ort - Supermarkt, kleines Restaurant (ich war zu fertig, um noch was zu kochen) und ein Internetcafe wegen des US-Visums.

Im Lehrerhotel schaute ich mit einigen Lehrern das Spiel Tuerkei - Kroatien. Ich war am Ende nach dem langen Tag, aber mein Schlafplatz war auch dieser Raum. Also, feierten wir den Sieg der tuerkischen Mannschaft und dann ging es auch ans Schlafen. Bis ich drei Mal in der Nacht von einem  Mann geweckt wurde, der mich immer in ein anderes Zimmer stecken wollte. Irgendwann reichte es, ich schloss die Tuer ab und wollte nur noch meine Ruhe haben. Der Leiter hatte mir ja gesagt, dass ich hier bleiben solle.

June 20, 2008   No Comments

Tag 86 (Tuerkei): Ruhetag in Diyarbakir

Achtung: Wegen eines Versehens ist der Bericht von Tag 84 erst nach dem Tag 85 von mir online gestellt worden. Es kann daher sein, dass einige Leser diesen Bericht nicht automatisch als email erhalten. Hier ist aber der entsprechende Link zu dem Tagesbericht.

Es war ein Ruhetag, d.h. es waren Schlafen und Essen angesagt. Das erste klappte gut, das zweite weniger, ich hatte mir ein wenig den Magen verdorben. Allerdings war das nach einigen Stunden auch ausgestanden. Kein Grund zur Sorge. Ich hatte mir kurz ueberlegt mit dem Bus nach Sanliurfa zu fahren, verwarf das aber wieder. Ruhetag ist Ruhetag.

Also schlenderte ich einfach nur durch die Gassen von Diyarbakir und stellte fest, dass ich meinen USB Stick in einem Internetcafe vergessen hatte. Mein Gehirn ist gerade woanders, die Hitze setzt mir wohl zu. Das ist deswegen nicht so gut, weil ich damit alle Programme verwenden kann, die ich will. Aber an sich ist der Verlust kein Drama. Am Abend hatte ich den Stick allerdings auch wieder - jemand gab ihn mir zurueck, als ich zum zweiten Mal in das Internetcafe ging, um danach zu fragen. Schon wieder Glueck gehabt.

Hier vielleicht einige Bemerkungen zu dieser Gegend und den Menschen, denen ich begegnet bin. Die allermeisten Menschen - eigentlich alle - machen mir klar, dass sie hier nicht in der Tuerkei leben, sondern in Kurdistan. Daher ist es auch ziemlich egal, ob die Turkei in der Europameisterschaft weiterkommt oder nicht - und die wenigsten interessieren sich dafuer. Geben sie zumindest vor. Viele Menschen sprechen in den hoechsten Toenen von Abdullah Öcalan (dem frueheren Vorsitzenden der PKK - je nach Lesart eine Terroroganisation oder eine  Bastion von Freiheitskaempfern; ich will hier keine Stellung hierzu beziehen) und sind ueber seine Inhaftierung in der Tuerkei nicht gerade erfreut (die Wortwahl ist bewusst, weil fuer viele Menschen hier die Tuerkei tatsaechlich Ausland darstellt). Ein kurzes Beispiel: “Wie findest Du die Tuerkei?” Die naheliegende Antwort waere: “Super, klasse Land, gefaellt mir sehr gut.” Ist ja auch so. Darauf entgegnet einem dann jemand was wie: “Das hier ist Kurdistan und es ist super hier, die Tuerkei ist nicht gut.” Irgendwann gewoehnt man sich daran … aber es ist zum Teil recht anstrengend, weil man auch niemanden beleidigen will. 

Es gibt auch Neuigkeiten, was die Weiterreise angeht. Ich werde nicht durch den Kaukasus fahren, sondern direkt von der Tuerkei in den Iran fahren. Das macht aufgrund meiner Krankheit zu Beginn der Reise und der Verzoegerung in Ankara mehr Sinn, als schnell die Kilometer abzuspulen.

June 19, 2008   No Comments

Tag 85 (Tuerkei): in der Naehe von Demirli - Diyarbakir (Du hast wirklich viel Glueck!)

Tagesstrecke: 48km
Gesamtstrecke: 5603km
Fahrzeit: 2-3h

Ich wachte auf und merkte, wie der Wind an meinem Zelt zerrte. Es gab hier keinen Windschutz, aber es schien alles OK zu sein. Bis ich aus dem Zelt rauskam. Hier hattte ich zum ersten Mal heute Glueck. Das Zelt riss sich aus der Verankerung und zum Glueck stand ich genau auf der windabgewandten Seite, konnte das Zelt gerade noch fangen. Sonst waere es weggeflogen. So konnte ich meine Arme um das Gestaenge packen und hatte es schnell eingefangen. Gluecksfall Nr. 1 heute. Die Heringe hatten sich im lockeren Grund geloest.

Ich machte mich auf den Weg nach Diyarbakir - 2-3 Stunden Kampf gegen einen Wind, der immer von links kam, aber das Leben nicht einfach machte.

Ich hielt an einer Tankstelle, um was zu essen und was zu trinken und fuhr weiter in die Stadt. Dort merkte ich, dass ich meine Jacke an der Tanke vergessen hatte. Das waere nicht schlimm gewesen, aber in der Jacke waren Geldbeutel mit allem Drum und Dran und meine kleine Kamera. Aua … Nach kurzer Paniksekunde versuchte ich zu ueberlegen, wie ich die Situation am besten loesen koennte. Fahrrad hier lassen und mit einem Taxi zurueck, aber wo das Rad lassen. Nach einer Weile hielt mich ein Mann an, sein Sohn sprach englisch. Das Rad war schnell im Laden des Vaters verstaut, Furkan und ich stiegen in ein Taxi ein und machten uns auf zur Tankstelle. Der Taxifahrer fragte staendig, ob ich sicher sei, dass die Jacke und der Geldbeutel dort seien. Meine Antwort: “Insha’Allah”. Allgemeine Belustigung. Er war wirklich noch dort. Der Angestellte gab ihn mir gleich, asl wir ankamen und wollte schon die Botschaft in Ankara anrufen. An die haetet ich zuletzt gedacht, aber das ist wohl naheliegend. Also wieder zurueck nach Diyarbakir, Furkan und ich unterhielten uns noch eine Weile, gingen was essen und dann machte ich mich auf den Weg ins Zentrum.

Ich fand schnell ein Hotel und machtem ich auf, die Stadt zu erkunden. Hier ist das Ergebnis, jedenfals ein Teil davon … eine sehr beeindruckedne Stadtmauer und ein Gassengewirr …

Ich stiess auf eine kleiner Feier, wo das Tanzen ziemlich zelebriert wurde …

Viel mehr Bilder gibt es auf der flickr Seite.

Als ich mich aufmachte, begleitete mich ein Mann und erst viel spaeter wurde mir klar, warum. In einem Restaurant meinte jemand zu mir: “Nur soviel: dort drueben musst Du sehr vorsichtig sein!”

June 18, 2008   No Comments

Tag 84 (Tuerkei): Narince - in der Naehe von Demirli

Tagesstrecke: 100km
Gesamtstrecke: 5555km
Fahrzeit: 6-7h

Man steht auf dem Land etwas frueher auf. Ich war auch frueher auf den Beinen, es ging aber nicht entsprechend frueh los. Ich fand Aslan in der Baeckerei gegenueber und nach dem Fruehstueck und nachdem ich ein Angebot zur Landarbeit abgelehnt hatte, ging es endlich los.

Aslan meinte, dass ich keine Anstiege zu bewaeltigen haette. Er lag komplett daneben. Der Tag war einer mit den meisten Hoehenmetern, mehr als 1400m ueber den Tag verteilt. Und es ging gleich nach dem Ort los. Es war huegelig und wunderschoen. Aber es fiel auch auf, dass die Gegend um einiges aermlicher war als zuvor.

Mit der Faehre ging es ueber den Atatuerk-See …

Auf der anderen Seite ging es erstmal 7-8 km heftig den Berg hoch, danach ueber leiche Huegel bis nach Siverek.

Ich machte einen kurzen Halt, um ein paar Bilder zu machen …

Der Nachmittag war ein wenig nervig … Bitte nicht falsch verstehen - die Gegend war toll. Als ich Siverek verliess (fuehlte sich an wie im Backofen), ging es bestaendig nach oben. Dazu kam ein heftiger Wind von der Seite, der eigentlich nie nachliess. Das, was mir aber am meisten zusetzte, war ein Stein, der mich beinahe am Morgen getroffen haette. Am Nachmittag gab es dann zuerst eine Flasche, die mich am Ruecken traf und dann auch noch Wasser, das ueber mich gekippt wurde. Das war etwas weniger lustig und viel Verstaendnis hatte ich auch nicht.

Gegen Ende des Tages wollte ich einfach nur noch schlafen. Es gab nichts, um sich und das Zelt zu verstecken. Es war weites Land und sonst nicht viel. Ausserdem war viel Verkehr, selbst am Abend. Ich sah eine Tankstelle und unterhielt mich mit den beiden jungen Maennern, die dort arbeiteten. Sie wollten nicht, dass ich in das naechste Dorf gehe (es fehlte wohl das Minarett) und so schlief ich unweit der Tankstelle auf einem Feld - nach sehr leckerem Abendessen, das wir zusammen assen.

June 17, 2008   No Comments

Tag 83 (Tuerkei): Kahta - Narince

Tagesstrecke: 54km
Gesamtstrecke: 5455km
Fahrzeit: 4h

Ich wachte auf und fuehlte mich ein wenig schlapp. Leichte Kopfschmerzen. Bin mir nicht ganz sicher, was los ist. Aber ich wusste, dass ich nicht lange fahren wuerde. Ich fuhr also los und anstatt die Abkuerzung zu nehmen, bog ich von der Hauptstrasse ab und fuhr in ein Teil hinein - und auch wieder raus, was sich als ziemlich anstrengend herausstellte. Aber die Ausblicke waren klasse und lohnten die Muehe. Ueber die Huegel auf der anderen Seite ging es wieder raus aus dem Tal.

Ich fuhr an dieser alten Bruecke vorbei, bevor ich mich wieder daran machte aus dem Tal herauszufahren.

Es war ein wenig hart, aber ich kam irgendwann nach Narince, wo es - allem Anschein nach - ein guter Ort war, um den Rest des Tages zu organisieren. Ich kaufte ein und wollte gerade gehen, als ich aufgefordert wurde mein Essen im Restaurant einzunehmen, das sei kein Problem. Auch die Fahrt auf den Nemrut hinauf wurde gleich fuer mich organisiert, das Rad kam hinten rein, der naechste Bekannte wurde angehalten und weiter ging es mit einem Hotelbesitzer, der auf seinen Freund wartete. Dann lief ich ein Stueck und wurde von Christoph und Agnes, einem oesterreichischen Paar mitgenommen.

Den Weg hinauf wuerde ich niemandem mit dem Rad empfehlen. Es ist machbar, aber enorm steil, aber wer es versuchen will …

Ich traf Christoph und Agnes wieder an einem der Aussichtsplaetze, wo Statuen trohnten und immer noch ueber die Landschaft Ausschau halten. Ich wunderte mich immer weiter, wer auf die Idee gekommen war, auf einem Berg einen Huegel errichten (der wohl frueher noch 25m hoeher war) und Statuen dort aufstellen zu lassen. Wuerde mir im Traum nicht einfallen. Die Aussicht war traumhaft, aber seht selbst …

Weitere Bilder gibt es wie immer auf der flickr Seite (http://www.flickr.com/photos/markuswagner).

Fuer den Abstieg brauchte ich ein wenig laenger und so kam ich kurz vor Sonnenuntergang wieder in Narince an. Aslam machte klar, dass ich nicht weiter fahren wuerde und dass ich im Restaurant oder einem Raum daneben bleiben solle. Wir sprachen ueber vieles, u.a. auch ueber Religion - war enorm interessant und aufschlussreich. DVDs, die gut auch von Kirchen im Westen verwendet werden koennen (z.B. Wunder der Geburt usw.) wurden hervorgeholt, um die Existenz Gottes zu beweisen. Ich fand es jedenfalls enorm spannend.

Einige Dinge haben sich in den letzten Tagen auf jeden Fall geaendert … die Frauen sind staerker verschleiert, die Maenner tragen eine besondere Art von Hosen (Bilder gibt es die Tage), aber die Gastfreundschaft ist die gleiche geblieben.

June 16, 2008   No Comments

Tag 82 (Tuerkei): Koluk - Kahta

Souli war wohl frueher wach als ich - aber mein Koerper brauchte einfach ein wenig Ruhe. Aber nach 9 Stunden Schlaf war es Zeit aufzustehen, wir fruehstueckten und ich machte mich auf den Weg. Die Strasse zog sich das Tal entlang, das dann ploetzlich wieder nach unten ging und von hohen Bergen umgeben war.

Bei der Abzweigung nach Adiyaman machte ich kurz an einer Tankstelle halt und der Angestellte dort machte mir klar, dass er wusste, wo ich letzte Nacht gewesen war. Ich schaute ihn wohl etwas verbluefft an, aber er meinte Koluk und deutete auf einen Bart. Dann nannte er Soulis Namen. Scheint, dass Neuigkeiten schnell die Runde machen.

Die Fahrt nach Adiyaman war von Bergen gepraegt. Einem kurzen Anstieg folgte eine lange Abfahrt, nur um danach steil wieder anzusteigen. Das ging fuer die naechsten drei Stunden so weiter. Und es wurde heiss ….

Die Umgebung war traumhaft und es machte einfach Spass wenig Autos um einen zu haben. Der Wasserkonsum stieg allerdings deutlich an und Moeglichkeiten der Verpflegung gab es kaum. Als ich dann an einem kleinen Pass war, konnte ich den Atatuerk Stausee erkennen, man sieht ihn hier noch in der Bildmitte (laesst sich erahnen, aber er ist da).

Die lange Abfahrt wurde von einigen ziemlich fiesen Anstiegen unterbrochen, aber irgendwann kam ich nach Adiyaman. Hitzewelle nach Hitzewelle kam mir entgegen, man merkte eindeutig, dass ich in den Sueden kam.

Als ich aus Adiyaman raus war wurde es wieder huegelig, aber nicht besonders schlimm. Die Hitze laugte mich ein wenig aus und ich war froh, dass ich in Kahta ankam. Ich wollte mich nur noch hinlegen und ausruhen. Machte ich auch … selbst fuer das Tuerkeispiel reichte es am Abend nicht mehr.

June 15, 2008   No Comments

Tag 81 (Tuerkei): Darica - Koluk (freilich, freilich)

Tagesstrecke: 98km
Gesamtstrecke: 5293km
Fahrzeit: 5-6h

Ich wurde frueh wach (so gegen 6 Uhr) bzw. von Ibrahim aufgeweckt. Wir unterhielten uns eine Weile vor dem Fruehstueck und er erzaehlte mir von der Verfolgung der Aleviten (die wohl in der Vergangenheit sehr viel schlimmer war), u.a. auch Dinge, die ich hier nicht wiederholen will. Interessanterweise tat er das Gleiche wie die Sunniten auf der anderen Seite des Berges. Er meinte, dass ich vorsichtig sein solle … was mich ein wenig verwunderte, weil er sonst seine Worte sehr genau waehlte.

Nach dem Fruehstueck ging es dann weiter - und es war um einiges waermer als am Tag zuvor. Es wurde auch ziemlich steil. Nach einigem Auf und Ab, kam ich endlich oben an und rollte nach Akcardag. Diese LKW ueberholten mich ziemlich haeufig (ich sie logischerweise auch). Heutransporte, bei denen haeufig was schief lief.

Von dort fuhr ich in Richtung Dogansehir und wollte dort in der Gegend uebernachten. Aber das klappte nur bedingt. In Oeren fragte ich nach einer Route, bei der ich nicht um diesen Riesenberg herum musste, was ganz klar viel Arbeit bedeutet haette. Nach einigem Hin und Her kam ein Tuerke, der in der Schweiz wohnte. Schliesslich fuhr sein Cousin mit dem Motorrad vor mir her und brachte mich ueber viele Feldwege, die ich niemals gefunden haette, auf eine Asphaltstrasse zurueck.

Waehrend ich dann den Berg runter rollte, sah ich etwas fuer die Gegend Ungewoehnliches. Das was ich jetzt sage, mag ebenfalls merkwuerdig klingen. Aber ich sah eine Frau in kurzen Hosen - ich musste zwei Mal schauen, aber es war so. Das war etwas anders als das, was ich bisher gesehen hatte. Ich wurde zum Haus gerufen und es stellte sich heraus, dass es ein deutsch-tuerkisches Paar auf Besuch war. Sie kamen aus Baden-Baden bzw. Karlsruhe.

Nach obligatorischem Tee und einer echt netten Unterhaltung ging es weiter. Ich war schon ziemlich muede, aber viele Moeglichkeiten sich zu versorgen gab es nicht. Als das dann erledigt war, hatte ich Schwierigkeiten einen geeigneten Platz zum Zelten zu finden. Entweder nass oder direkt im Blickfeld von der Strasse. Als es schon ziemlich dunkel wurde, hielt ich in einem Dorf an. Ich hatte keine Ahnung, dass ich direkt vor der Moschee hielt und als ich weiter wollte, kamen die Maenner auch schon raus. Einer sprach deutsch, meinte, dass Zelten nicht drin sei und dass ich bei ihm zu uebernachten haette. Suli war sehr nett und gab auf fraenkisch immer sein “freilich, freilich” zum Besten. Aehnlich wie schon Ibrahim und Hane die Nacht zuvor sprachen er und seine Familie eine Mischung aus tuerkisch und kurdisch. Gleichzeitig warnte er mich aber immer wieder vor “den Kurden”. Derartige Warnungen hatte ich vorher schon mal gehoert.

June 14, 2008   No Comments

Tag 80 (Tuerkei): Gueruen - Darica (”geh nicht ins naechste Dorf”)

Tagesstrecke: 78km
Gesamtstrecke: 5195km
Fahrzeit: 4-5h

Wie versprochen kam Schule um 7 Uhr vorbei und holte mich zum Fruehstueck ab. Wir gingen nach Gökpinar, einem wunderschoenen See ca. 10km in den Bergen. Die Farbe war unglaublich beeindruckend, aber das sieht man ja hier.

Fruehstueck war klasse. Wir srachen viel ueber ihr Leben als Lehrerin und wie sie und ihr Mann mit der ziemlich grossen Distanz klarkommen. Er lebt in Erzurum und obwohl sie juristisch gesehen verheiratet sind, weiss das so gut niemand. Die Familien haben noch nicht gefeiert (es gibt zwei Feiern) und sie leben noch nicht zusammen.

Wir fuhren weiter durch den Ort (rasen ist wohl der bessere Ausdruck) zu einer Schlucht, bevor ich wieder in dem Hotel abgesetzt wurde.

Eigentlich wollte ich dann um 10 Uhr aufbrechen, aber daraus wurde nichts. Der Direktor des Hotels - gleichzeitig Lehrer - hatte anderes mit mir vor. Er wollte micht interviewen. Also machten wir auch das. Schule musste wieder zurueckkommen. Er hatte schon zuvor den stellvertretenden Kommandeur der Streitkraefte interviewt und ich sollte der zweite in einer langen Reihe “wichtiger” Leute sein (das basierte auf einer Kombination aus Job und Alter, wie er meinte).  Die Fragen bestanden aus teils etwas merkwuerdigen Dingen wie: “Wie kommt es, dass Deutschland trotz zweier verlorener Weltkriege so erfolgreich ist?”, aber auch “Wie koennen tuerkische Schulkinder erfolgreich sein?”). Ein paar nette Antworten spaeter konnte ich dann endlich aufbrechen. Ich bekam eine Kopie des Videos und werde es vielleicht im naechsten Video einbauen.

Ich verliess Gueruen … das Fahren fiel mir schwer, ich merkte den  vorherigen Tag. Aber Ulrich will heute die km in eine Spende ummuenzen, Glueck fuer ihn, dass es heute ziemlich viel bergauf ging und es heiss war, eigentlich immer ueber 30C. Vielen Dank fuer die Spende!!! (wer sich beteiligen moechte, findet hier mehr Informationen).

Nach einer kurzen Pause in Darende kam ein heftigerer und ziemlich langer Anstieg. Nach ca. 10km erhielt ich eine Einladung zum Tee, die ich gerne annahm. Wir sprachen ueber alles Moegliche (einer arbeitete in Deutschland, ein anderer in Frankreich). Als ich los wollte, wurde mir a) gesagt, dass es nur noch 3km den Berg hoch seien und b) dass ich mich vor den Menschen im naechsten Dorf in acht nehmen solle. Es waren a) 10km den Berg hoch und b) die Menschen super nett. Aber der Kommentar machte mich nur neugieriger.

Was mir bei der Ankunft auffiel war das fehlende Minarett. Viel dachte ich mir nicht, aber waehrend des obligatorischen Tees wurde mir gesagt, dass das Dorf zu 100% aus Aleviten bestehe. Damit war der Kommentar wieder nachvollziehbar, wenn auch nicht verstaendlich. Diese staendige Angst vor dem, was anders ist …

Zelten war nicht drin, ich solle in der Schule uebernachten. Auch gut. Dann wurde ich von Ibrahim zum Abendessen eingeladen. Er sprach ausgezeichnet deutsch, seine Frau auch. Sie meinte gleich, dass hier uebernachten solle und tischte eine Riesenschuessel Nudeln auf. Es stellt sich heraus, dass Ibrahim in der gleichen Firma wie Özcilek arbeitete, ebenfalls in Berlin, aber sie kannten sich nicht. Wir unterhielten uns wirklich gut ueber das Leben im Dorf und den staendigen Wechsel zwischen Deutschland und der Tuerkei. Erschoepft fiel ich ins Bett.

June 13, 2008   No Comments

Tag 79 (Tuerkei): Pinarbasi - Gurun (wieder unterwegs - endlich)

Tagesstrecke: 104km
Gesamtstrecke: 5117km
Fahrzeit: 5-6h

Regen weckte mich um 5 Uhr auf. Ich drehte mich wieder um und versuchte so lange zu schlafen, wie noetig war. Irgendwann ging ich dann raus und machte mich daran, das Fahrrad in einen guten Zustand zu bringen. In Ankara war es ein schneller Job, der mich zur Busstation bringen sollte.

Nach einer Weile war alles so, wie es sein sollte und ich machte mich auf ins lokale Internetcafe, um einige Dinge zu erledigen, u.a. die Nachricht an DPD. Vielleicht wollen sie sich ja an der Spendenaktion beteiligen. Die Idee hatte ich gestern auf der Fahrt hierher und einige Leser hatten den gleichen Vorschlag. Mal sehen, ob was daraus wird.

Dann brach ich auf. Ich war ein wenig unsicher, was das Rad und meinen Koerper anging. Ausserdem war die Strecke ziemlich bergig. Zudem waren die Orte, die es entlang der Strecke geben sollte entweder nicht vorhanden oder hatten keinen Markt. Nur gut, dass ich Bananen und andere Kleinigkeiten bei mir hatte. Aber die Landschaft war ziemlich beeindruckend.

Nachdem der erste Pass hinter mir war, wandelte sich langsam die Landschaft von weiten Ebenen mit langen Anstiegen zu tiefer eingeschnittenen Taelern, aber auch hier ging die Strasse ziemlich direkt hoch. Aber es war einfach befreiend wieder auf dem Rad zu sitzen und mein Gesicht verriet das wohl auch. Das Hupen war wieder willkommen.

Ausserdem machte der Nachmittag wegen der Sonne wieder unglaublich Spass. Am Morgen war es kalt und ein wenig ungemuetlich, der Nachmittag war von Sonne gepraegt. Zudem gewann ich mehr und mehr Sicherheit, was das Rad anging. Ist auch noetig, habe ja noch was vor mir. Nur die letzten beiden Wochen hinterliessen beir mir ihre Spuren. Ich bin ein wenig ausser Form, aber nach ein paar Tagen sollte alles wieder OK sein. Ich wollte irgendwie das Spiel Deutschland - Kroatien ansehen und machte mich auf nach Gueruen. Viel Auswahl hatte ich auch nicht, es gab vorher recht wenig Einkaufsmoeglichkeiten … vorsichtig ausgedrueckt.

In Gueruen fand ich ein Hotel, das eine Reihe von interessanten Dingen bot. Ich wollte nicht weiter, war 100km und mehr als 1000 Hoehenmeter gefahren. Und dann kam ich ins Lehrerhotel. Daneben gibt es in der Tuerkei noch Hotels fuer das Militaer und fuer die Polizei und fuer Aerzte. Die gehoeren dem Staat und dienen als Ort der Zusammenkunft fuer alle Lehrer, sind aber fuer junge Lehrer eine der wenigen Moeglichkeiten unterzukommen. Meist wohnen verheiratete Lehrer in Wohnungen, aber unverheiratete sind zumeist in diesen Hotels untergebracht. Eine Englischlehrerin wurde herbei gerufen, ich wurde mit allem Moeglichen (Tee, Zimmer, usw.) versorgt und zugleich mein Morgen verplant: kurzer Ausflug um 7, danach Auftritt in der Schule und ein Interview mit der lokalen Zeitung. Hoert sich spannend an … werde beizeiten darueber berichten.

June 12, 2008   1 Comment

Tag 78 (Türkei): Ankara - Pinarbasi (hier war ich schon mal)

Tagesstrecke: 8km
Gesamtstrecke: 5013km
Fahrzeit: 1\2h

Ich wollte nicht aus den Federn. Ich fuehlte mich im Bett ganz wohl. War ich je mit dem Rad gefahren? Vielleicht in einem anderen Leben. Eingetroffen war das Paket auch nicht, obwohl frühe Lieferung zugesagt war. Um 10 Uhr war jedenfalls nichts da und auch im Netz war der Status noch der gleiche wie um 10:41 Uhr am Tag vorher. Paket in Istanbul. Die türkische Lieferfirma war am Telefon zuvorkommend und - im Gegensatz zu einer anderen Firma - rief auch zurück und meinte, dass die Lieferung heute ankomme, aber am Nachmittag. Ich erwiderte, dass eine frühe Lieferung versprochen war und bekam die Zusage, dass es vor 12:00 Uhr geliefert werde. Als ich um 11:45 Uhr mit dem Geschäftsführer sprach (”Weißt Du heute mehr als gestern?”), kam das Paket an. Ich baute mein Rad zusammen, machte eine neue Kette drauf und machte mich auf den Weg zum Busbahnhof.

 (ein Klick auf das Bild oeffnet ein neues Fenster, in dem die Teile genauer erklaert werden; da ich Pedale brauchte, sind die auch gleich mitgeschickt worden, ebenso wie eine planmaessig zu wechselnde Kette und Ritzel)

Eigentlich sollte erst um 21 Uhr ein Bus fahren, aber ich fand einen um kurz nach drei, Ankunft um 22 Uhr. Passte mir besser, dann kann es morgen weiter gehen. Die Stimmung im Bus war gedrückt als ich ihn verließ. Die Wunder moderner Technologie machten es möglich, das Spiel live im Bus zu verfolgen. Das Tor für die Schweiz löste allgemeines Stöhnen aus. Schlussendlich gab es aber einen türkischen Sieg, die Volksseele war beruhigt.

Obwohl die Fahrt von Kayseri nach Pinarbasi im Dunkeln stattfand, erkannte ich viele Orte wieder. Der erste ziemlich unangenehme Anstieg, die Tankstelle, an der ich Mittagspause gemacht hatte (Cola und Banane wegen  Magenproblemen) und der Ort, an dem ich die gerissene Felge bemerkt hatte. Während der Fahrt musste ich aber auch an die vielen Nachrichten denken, die ich bekommen habe. In Kayseri hatte ich meine emails abgerufen und eine Vielzahl von Nachrichten erhalten. Vielen, vielen Dank an alle, die mir geschrieben haben. Die Unterstützung tut unglaublich gut und stimmt mich froh für die nächsten Tage und Wochen.

Interessanterweise habe ich auch einen Kommentar von einer DPD-Angesetllten erhalten. Zumindest eine Person aus dem Freiburger Büro liest wohl mit (herzlich willkommen, P). Danke für den Hinweis auf das Prozedere in Paris und Istanbul. Aber darum ging es mir nicht wirklich, sondern vielmehr um die Tatsache, dass mein Paket zwei Tage am Abholort stand und wohl vergessen wurdeu und dass wiederholt Zusagen nicht eingehalten wurden. Aber vielleicht will sich DPD ja an der Spendenaktion beteiligen. Falls hieran Interesse besteht, dann melden Sie sich einfach bei mir. Das ist durchaus ernst gemeint. Vielleicht laesst sich ja eine Uebereinkunft finden.

June 11, 2008   No Comments