Mit dem Fahrrad vom Schwarzwald zum Gelben Meer
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Tag 111 (Iran): Yazd - Tehran (mit einem Zug nach Teheran)

Ich treffe mich mit Ali am Morgen unweit meines Hotels. Wir fahren zum Büro seines Freundes und es wird eine der offensten Diskussionen, die ich jemals hier im Iran hatte. Daher auch keine Klarnamen, ich kenne den des Anwalts auch nicht, wollte ihn nicht wissen. Er geht sehr offen mit meinen Fragen um, Ali meint, ich solle mir keine Gedanken machen. Wir machen einen ruhigen Anfang, ich frage was über das Rechtssystem als solches, wir versuchen uns zu beschnuppern. Wohin die Reise geht, weiß ich bis dato nicht. Ich frage ihn über das Leben als Anwalt ein wenig aus, wie das so funktioniert in einem Land wie dem Iran. Er berichtet davon, dass schon manchmal Druck ausgeübt wird. Dieser Anwalt hat Vergewaltigungsopfer vertreten, was hier ungewöhnlich ist - da durch die Beweisführungserfordernisse der Scharia eine Verurteilung so gut wie unmöglich ist. Das wusste der Anwalt auch, aber er wollte so weit wie möglich gehen. Tat er auch. Es gab eindeutige Aussagen des Opfers (Muttermal an bestimmten nicht üblich sichtbaren Körperteilen), aber dadurch, dass vier Zeugen notwendig sind (was bei einer Vergewaltigung einfach nur absurd ist) war der Fall von Anfang an aussichtslos. Sowohl er als auch der Richter wussten das wohl. Ali III meinte, dass der Richter schon klar sah, was Sache war. Also schickte er den Mann zur Untersuchung, schrieb das auch in den Freispruch. Mehr war nicht drin. Jeglichen weiteren Versuche wären von der nächsten Instanz zerpflückt worden. Wie kann man derartige Dinge ändern? Meine vielleicht sehr naive Frage führt zum Kern der Problematik. “Markus, Du mußt verstehen, dass wenn wir diese Regel in Frage stellen, das System dadurch in Frage gestellt würde. Dieses ist gottgegeben und wenn das System ein solches bleiben soll, dann muss es unfehlbar sein. Das würden die Führer des Systems niemals zulassen - jeglicher Versuch diesbezüglich würde zum Zusammenbruch des Systems führen müssen.” Ich habe noch viele weitere Fragen gestellt und sehr offene Antworten bekommen.

Ich verbringe den Rest des Tages damit meine Bilder hochzuladen und entkomme der Hitze des Tages im Wassermuseum von Yazd, was viel interessanter ist, als es sich vielleicht anhört.

Als ich aus meinem Hotel rauswill treffe ich Angie aus Australien und Schottland. Sie scheint sich nicht ganz sicher zu sein, wo sie hingehört. Sie findet das Hotel nicht so prickelnd. Ist es auch nicht. Nach einem kleinen Rundgang durch die Stadt entdecken wir ein sehr schönes und überhaupt nicht teures Hotel. Ich hole also meine Sachen von der Rezeption aus meinem Hotel, lenke den Typen mit Fragen über Yazd ab und Angie holt ihren Rucksack aus dem Zimmer. Einen Pass hatte sie noch nicht vorzeigen müssen.

Irgendwie komme ich dann später noch zum Zug und fahre in einem Abteil mit fünf Iranern, die mich alle anstarren. Gott sei Dank ist das ein Schlafzug, hoffe ich jedenfalls …

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